Fast Fashion & Slow Fashion
Alles, was du darüber wissen solltest
Wir leben heutzutage in einer Gesellschaft, die in einem immer schnelleren Tempo tickt, einer so genannten „fast society“. In dieser Art von Gesellschaft bleibt wenig Zeit zur Rast, zum Nachdenken. Man braucht alles möglichst schnell und effizient. Das wohl bekannteste Beispiel: fast food. Stillt effizient und schnell den Hunger zwischendurch. „Was war nochmal in so einem Burger drin? Schweine- oder Pferdefleisch? Oh, ich muss weiter. Noch ein Termin.“ Schnell geht das Gefühl dafür verloren, was, wer, wie viel Zeit usw. hinter einem Produkt eigentlich steckt.Das gleiche Phänomen lässt sich auch im Bereich Mode beobachten: so genannte „Fast Fashion“. Hier herrscht der Trend zum Trend. Jeder will die neusten Trends der Laufstege tragen, das aber für einen möglichst geringen Preis. Herkömmliche Modelabels bieten das und noch viel mehr. Alle zwei bis sechs Wochen kommen inzwischen neue Produkte in die Schaufenster, um den Hunger der Menschen zu stillen. Vor allem junge Frauen sind hier Haupteinnahmequellen der Modelabel. Eine solche Entwicklung war nur möglich durch die Beschleunigung der Produktion. Wo es früher noch zwei bis drei Monate gedauert hat bis ein Produkt an den Kunden ging, dauert es heutzutage laut der Wirtschaftsprüfergesellschaft KPMG nur noch zwischen 12 und 15 Tage. Auch hier ging das Bewusstsein verloren wie, wo, unter welchen Bedingungen und von wem jedes dieser Kleidungsstücke hergestellt wurde. Bei den Massen an Kleidung, die man in den Läden sieht, vergisst man schnell mal, dass Menschen dahinter stecken. Wenn man dann mal inne hält, das Label umdreht, sich den Preis anschaut, liest wo das Stück genäht wurde und aus welchen Materialen es besteht, kann man sich eigentlich schon denken, dass Mensch und Umwelt irgendwo anders auf der Welt dafür bezahlen müssen, damit man hierzulande ein T-shirt für 5 € kaufen kann.
Leider rücken erst Katastrophen den Blick auf die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, unter welchen die Mode entsteht, die wir hierzulande konsumieren. So wie der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch (Rana Plaza) im Jahr 2013. Den ein oder anderen überrascht das vielleicht, aber neun von zehn Kleidungsstücke in Deutschland kommen aus Niedriglohnländern. Laut dem statistischen Bundesamt wurde im Jahr 2013 Kleidung im Wert von 7,87 Milliarden Euro aus China, 3,24 Milliarden aus Bangladesh und 3,1 Milliarden aus der Türkei nach Deutschland importiert. Weshalb die Produktion in Schwellenländern so attraktiv für westliche Unternehmen ist, lässt sich gut am Beispiel der Jeans veranschaulichen: Für weniger als einen Euro wird sie in Bangladesh hergestellt. Die Kosten für Lohn und Sicherheitsmaßen betragen dabei 80 Cent, 23 Cent machen den Gewinn aus. Bevor die Jeans dann vom Kunden im Laden gekauft wird, kommen noch die Kosten für Material (ca. 18%), Transport (20%), Vertrieb und Ladenmiete (47%) hinzu. Dank dieser Kostenpolitik sind die Gewinnmargen für die Labels natürlich außerordentlich, der Lohn der Arbeiter(innen) jedoch mangelhaft. Die meist jungen Frauen zwischen 18 und 25 Jahren verdienen laut der Clean Cloth Campaign rund 35 Euro pro Monat, bei einer täglichen Arbeit von 16 Stunden. Nicht nur die Arbeiter(innen) leiden, auch die Natur bekommt es zu spüren: mit Pestiziden belasteten Rohstoffen wie der Baumwolle, dem hohen Wasserverbrauch, der Verwendung von Chemikalien bei der Produktion und Veredelung der Kleidung, ist der Schaden an Umwelt und Mensch nachhaltig. Jährlich sterben bis zu fünf Millionen Menschen an Vergiftungen durch Pestizide. Die Pflanzen werden nicht nur während dem Anbau mit Pestiziden eingesprüht, sondern auch nach der Ernte mit giftigen Stoffen, wie Chloriden als Bleichmittel und Weichmachern, behandelt. Diese Chemikalien belasten durch jeden weiteren Waschgang die Umwelt. In China haben etwa 320 Millionen Menschen keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser, da Flüsse und Gewässer verseucht sind. Ein Grund dafür: das Färben von Textilien. Recherchen von arte ergaben, dass bei der Veredelung von Jeans durch feinen Quarzsand (für einen Vintage-Look), sich der Staub in den Lungen der Arbeiter absetzt und zu einer Krankheit namens Silikose führt, bei der man langsam erstickt. Ebenso können auch wir als Konsumenten unmittelbar betroffen sein. Ein Beispiel hier sind manche Farben, in denen aromatische Amine stecken, die Hautallergien auslösen, wenn sie durchs Schwitzen gelöst werden. Der Schlüssel, um diesem Trend entgegenzuwirken liegt vor allem in einem Umdenken unseres Konsumverhaltens. Momentan lebt die Mehrheit der Bevölkerung in einem Teufelskreis von „Wegwerfen und Neukaufen“. Wir kaufen immer Neues, im „Wissen“, dass wir es in ein paar Monaten oder Jahren wegschmeißen werden. In Europa allein entsorgt jeder Bewohner im Durchschnitt 20 Kilogramm Textilien im Jahr. Dieser Textilmüll ist nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern auch eine enorme Ressourcenverschwendung. Dabei wäre das gar nicht notwendig! Im Schnitt trägt jeder von uns gerade mal 60% der Kleidung in unserem Kleiderschrank. Wir kaufen also viel mehr Kleidung, als wir eigentlich benötigen und belasten dadurch Mensch und Natur völlig grundlos!
Die Lösung? Der Gegentrend: „Slow Fashion“. Das bedeutet vor allem: bewusster Konsum und Respekt gegenüber Produzenten und Umwelt. Slow Fashion Labels richten sich wieder nach traditionellen „Modesaisons“. Wie bei [eyd] gibt es dann statt alle sechs Wochen, nur jedes halbe Jahr eine komplett neue Kollektionen. Hier entsteht also nachhaltige, bewusste Mode, deren Ziel es sein soll, den Modemarkt zu entschleunigen. In erster Linie geht es hier darum, den Arbeiterinnen ein sicheres Einkommen und faire Arbeitsbedingungen zu bieten. [eyd] ist hier ein gutes Beispiel: In unserer Partnerwerkstatt von CHAIIM erhalten unsere Näherinnen umgerechnet einen festen Monatslohn von ca. 300 Euro. Sie arbeiten 5 Tage die Woche von 9-17 Uhr. Auch bei den Materialien wird darauf geachtet, dass der Anbau speziellen ökologischen Richtlinien unterliegt. Das heißt, keine Verwendung von chemischen Pestiziden oder Düngemitteln beim Anbau der Pflanzen und keine Verwendung von Giftstoffen bei der weiteren Bearbeitung der Stoffe. Damit werden Arbeiter, Umwelt und Konsument gleichermaßen geschützt. Ein weiteres wichtiges Ziel von „Slow Fashion“ ist langlebige Kleidungsstücke zu kreieren. Für viele ist die Umstellung auf Slow Fashion oft schwierig, da der Preisunterschied von 25 Euro für ein T-Shirt natürlich erstmal groß erscheint. Aber dieser erhöhte Preis regt zum Nachdenken an und man kauft automatisch bewusster ein und kauft wirklich nur das, was man tatsächlich braucht. Außerdem ist „Slow Fashion“ Mode oft sehr zeitlos und gut kombinierbar, was zusammen mit der Langlebigkeit dazu führt, dass man die Kleidungsstücke im Schnitt viel länger trägt. „Slow Fashion“ ist nicht = „Fair Fashion“. „Fair Fashion“ ist Teil dieser Bewegung, aber im Kern geht es um eine Umstellung im Denken und im persönlichen Umgang mit Kleidung. Nicht jedem Trend hinterherzurennen, sondern die einzelnen Teile, die man besitzt wertzuschätzen und nur mit Bedacht neue Teile einzukaufen. Denn Wertschätzung für das einzelne Teil, bedeutet Wertschätzung für den/diejenige, der/die es genäht hat. Gute Alternativen sind hier natürlich Slow Fashion Labels wie z.B. [eyd], Upcycling, Second-Hand Shops oder Kleidertausch. Letzteres ist super einfach und schnell auch unter Freunden organisiert. Wie wärs mit einer Kleidertauschparty in deinem Wohnzimmer? Probier’s einfach mal aus! Jeder einzelne von uns bestimmt mit dem Kauf und Umgang von Kleidung in welche Richtung unsere Modeindustrie gehen soll. Je mehr Menschen bewusst einkaufen und auf Nachhaltigkeit in der Mode achten, desto mehr Labels übernehmen dieses Bewusstsein in ihre Produktion. Damit leisten wir einen positiven Beitrag für die Zukunft von Gesellschaft und Natur.
„Fast fashion isn’t free. Someone somewhere is paying.“ - Lucy Siegle